Montag, 10. April 2017

Der Richter und das Rumpelstilzchen

Wenn es im Rahmen eines Strafverfahrens darum geht, Ansprüche geltend zu machen, die eigentlich vor ein Zivilgericht gehören, kann sich ein (mutmaßlich) Geschädigter des sogenannten Adhäsionsverfahrens bedienen. Das funktioniert dann wie ein Zivilprozess während eines Strafprozesses, zwei Verfahren in einem sozusagen und stellt meist den langweiligsten Teil des Verfahrens dar, vor allem dann, wenn es um die Frage der Schadenshöhe geht.

Einem (mutmaßlichen) Mittäter meines Mandanten war vorgeworfen worden, den Pkw des Adhäsionsklägers beschädigt zu haben.
Zur Schadenshöhe sollte der Eigentümer des Fahrzeuges, mit dem mutmaßlichen Opfer verwandt, befragt werden und dieser hatte so gar keine Lust, Fragen zu beantworten. Nun war es dem Zeugen offenbar zu einfach, die Aussage zu verweigern, wozu er qua Verwandtschaftsverhältnis ja berechtigt gewesen wäre und so schloss sich der diesbezüglichen Belehrung des Vorsitzenden eine skurrile Szene an.

Der Zeuge gab vor, seinen Namen vergessen zu haben, genauer gesagt, seinen Vornamen, denn sein Nachname ergab sich aus der Akte. In gleicher Weise äußerte er sich zu seiner Adresse sowie seinem Alter. Der Vorsitzende Richter versuchte es zunächst noch auf die freundliche Tour und erkundigte sich höflich, ob dem Zeugen nicht wohl sei. Dies griff der Zeuge dankbar auf und behauptete, er sei eigentlich krank und gehöre ins Bett und nicht in einen Gerichtssaal. Deshalb habe er auch alles zu seiner Person vergessen. Die Art und Weise wie er dabei grinste, ließ den Richter indes vermuten, er habe es mit einer Art Rumpelstilzchen zu tun, das sich einen Spaß aus der Hauptverhandlung machte, was dazu führte, dass das Stimmungsbarometer recht zügig fiel. Es war ein seltenes Schauspiel, das Richter und Rumpelstilzchen ablieferten und beinahe schade, dass es nach Androhung eines empfindlichen Ordnungsgeldes doch recht zügig vorbei war.

Immerhin brachte die sich anschließende Befragung durch die Verteidigung hervor, dass der Fahrzeugschaden "schwarz" repariert worden war. Ach ja, wie hoch die nicht vorhandene Rechnung war, konnte Rumpelstilzchen nicht sagen. Vielleicht hatte er das tatsächlich vergessen. 

1 Kommentar:

WPR_bei_WBS hat gesagt…

Vielleicht ein Reichsbürger? Die haben ja selbst bei sowas wie einer einfachen Frage nach den Personalien schon die krudesten Theorien...